Im letzten Jahr haben wir bereits über die europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) und ihre weitreichenden Implikationen für Unternehmen berichtet. Mit diesem Beitrag möchten wir Ihnen ein Update zu den neuesten Entwicklungen rund um die Lieferkettensorgfalt und zu den aktuellen Anpassungen der Richtlinie geben.
Das neue Sorgfaltspflichtengesetz
Monday, 15. March 2021
Trotz der durch die Corona-Pandemie maßgeblich bestimmten Nachrichten ist uns der Beschluss des Bundeskabinettes zum Sorgfaltspflichtengesetz in der vorletzten Woche nicht entgangen. Mittlerweile ist der Regierungsentwurf veröffentlicht. Das Wichtigste dazu nachfolgend in Kürze:
Was wurde neu geregelt?
Am 3. März 2021 hat das Bundeskabinett einen Entwurf zum Lieferkettengesetz („Entwurf eines Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“) beschlossen. Die Verabschiedung durch den Bundestag ist noch vor der Sommerpause vorgesehen. Mit dem Gesetz wird beabsichtigt, die weltweiten Menschenrechtsverletzungen, die im Rahmen von Wirtschaftsaktivitäten erfolgen, zu bekämpfen.
Wer ist von den neuen Regelungen betroffen?
Ab 2023 sollen nach dem Entwurf Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern (ca. 600 Unternehmen) verpflichtet werden; ab 2024 Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern (ca. 2.900 Unternehmen).
Was ist zu tun?
Der Entwurf sieht die Auferlegung von Sorgfaltspflichten bei Unternehmen zur Gewährleistung eines grundlegenden Schutzes von Menschenrechten in Produktions- und Lieferketten vor. Die Anforderungen an die Unternehmen stufen sich insbesondere nach dem Einflussvermögen auf den Verursacher der Menschenrechtsverletzung sowie nach den unterschiedlichen Stufen in der Lieferkette ab.
1. Risikomanagement und -analyse
Unternehmen müssen zunächst ein angemessenes und wirksames Risikomanagement einrichten. Im Rahmen des Risikomanagements haben die Unternehmen eine angemessene Risikoanalyse durchzuführen, um menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken in ihren Geschäftsbereichen sowie bei ihren unmittelbaren Zulieferern zu ermitteln, zu gewichten und zu priorisieren. Zu den menschenrechtlichen Risiken zählen insbesondere Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Sklaverei, die Missachtung von geltenden Pflichten des Arbeitsschutzes sowie Diskriminierung.
2. Verabschiedung einer Grundsatzerklärung
Stellt ein Unternehmen im Rahmen einer Risikoanalyse ein Risiko fest, hat es unverzüglich angemessene Präventionsmaßnahmen zu ergreifen. Das Unternehmen muss eine Grundsatzerklärung über seine Menschenrechtsstrategie verabschieden und hat Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich (insb. Entwicklung und Implementierung geeigneter Beschaffungsstrategien und Einkaufspraktiken, Schulungen, Kontrollen) sowie gegenüber seinen unmittelbaren Zulieferern (Auswahlentscheidung, vertragliche Zusicherungen und Kontrollmechanismen) zu verankern.
3. Abhilfemaßnahmen
Stellt das Unternehmen fest, dass die Verletzung einer geschützten Rechtsposition oder einer umweltbezogenen Pflicht in seinem eigenen Geschäftsbereich oder bei einem unmittelbaren Zulieferer bereits eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht, hat es unverzüglich angemessene Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. Die Wirksamkeit der Abhilfemaßnahmen ist jährlich zu überprüfen. Der Abbruch der Geschäftsbeziehung muss allerdings nur dann in Betracht gezogen werden, wenn keine anderen milderen Mittel zur Verfügung stehen.
4. Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens
Das Unternehmen hat weiter dafür zu sorgen, dass ein unternehmensinternes Beschwerdeverfahren eingerichtet ist.
5. Dokumentations- und Berichtspflicht
Die Erfüllung der Sorgfaltspflichten ist unternehmensintern fortlaufend zu dokumentieren. Das Unternehmen ist außerdem dazu verpflichtet, jährlich einen Bericht über die Erfüllung seiner Sorgfaltspflichten im vergangenen Geschäftsjahr zu erstellen.
Welche Konsequenzen drohen?
Die externe Überprüfung soll durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle erfolgen, welches insbesondere auch zur Verhängung hoher Bußgelder ermächtigt werden soll. Neue zivilrechtliche Haftungsregeln sind mit dem Gesetzesentwurf ebenso wenig geplant wie ein eigenes Klagerecht für NGOs. Diese sollen aber im Wege einer besonderen Prozessstandschaft Ansprüche eines Betroffenen im eigenen Namen geltend machen können.
Ab wann tritt das Gesetz in Kraft?
Dieses Gesetz soll am 1. Januar 2023 in Kraft treten.