Das Landgericht Berlin hat mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 18.10.2017 Stellung genommen zur Frage der Verjährung eines Schadensersatzanspruchs gegen einen Versicherungsvermittler, dem vorgeworfen worden war, vor Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung über die Besonderheiten eines „Rürup-Vertrages“ nicht aufgeklärt zu haben.
D&O-Versicherung und § 64 GmbH-Gesetz
Thursday, 26. July 2018
Die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Organe und leitende Angestellte eines Unternehmens (neudeutsch: D&O – Directors and Officers-Versicherung) bietet Versicherungsschutz für Vermögensschäden, die durch fahrlässige Pflichtverletzungen bei der Unternehmensführung entstehen.
Unternehmerische Fehlentscheidungen, denen aus juristischer Sicht keine Pflichtwidrigkeit zugrunde liegt, sind ebenso wenig versichert wie vorsätzliche (wissentliche) Pflichtverletzungen. Dass die D&O-Versicherung auch jenseits dieser Grenzen keine „Vollkaskoversicherung“ für die Geschäftsführung ist, zeigt ein Urteil des OLG Düsseldorf vom 20. Juli 2018 (I-4 U 93/16):
Die Geschäftsführerin einer GmbH hatte nach Eintritt der Insolvenzreife noch Überweisungen in erheblicher Höhe vorgenommen. Da die gemeinschaftliche Befriedigung der Gläubiger Sinn und Zweck eines Insolvenzverfahrens ist (§ 1 InsO), dieses Ziel aber voraussetzt, dass vom Vermögen des Schuldners bei dessen Eröffnung überhaupt noch etwas „da“ ist, übt das Gesetz an verschiedenen Stellen Druck aus auf den Geschäftsführer, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen und das Vermögen der Gesellschaft möglichst zusammen zu halten. Eine dieser Vorschriften ist § 64 GmbH-Gesetz, wonach der Geschäftsführer der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet ist, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet wurden.
Wegen solcher, gegen § 64 GmbH-Gesetz verstoßender Überweisungen wurde die Geschäftsführerin vom Insolvenzverwalter der Gesellschaft persönlich in Anspruch genommen. Die Geschäftsführerin war der Meinung, dass die von der Gesellschaft abgeschlossene D&O-Versicherung auch einen solchen Haftungsanspruch abdecken müsse. Ein Irrtum, wie sich vor Gericht zeigte.
Nach Auffassung des für Streitigkeiten aus Versicherungsverträgen zuständigen 4. Zivilsenates des OLG Düsseldorf umfasst der Versicherungsschutz einer D&O-Versicherung nämlich schon grundsätzlich einen solchen Anspruch nicht. Bei dem Haftungsanspruch gemäß § 64 GmbH-Gesetz handele es sich um einen „Ersatzanspruch eigener Art“, der allein dem Schutz der Gläubiger eines insolventen Unternehmens diene. Dies sei nicht vergleichbar mit dem Anspruch auf Schadensersatz wegen eines Vermögensschadens, der Gegenstand einer D&O-Versicherung ist. Schließlich, so die Richter, erleide die Gesellschaft durch Zahlungen, die entgegen § 64 GmbH-Gesetz vorgenommen werden, keinen Vermögensschaden, denn es wird auf eine bestehende Schuld gezahlt, die dadurch erlischt. Nachteilig wirke sich eine solche Zahlung nur für die übrigen Gläubiger aus. Deren Schutz sei aber nicht Sache der D&O-Versicherung.
Die fehlende Vergleichbarkeit ergebe sich auch aus dem Umstand, dass verschiedene Einwendungen, die das Schadensersatzrecht kennt, bei § 64 GmbH-Gesetz gerade nicht vorgesehen seien. Gegenüber der Haftung aus § 64 GmbH-Gesetz könne weder eingewandt werden, der Gesellschaft sei kein oder nur ein geringerer Schaden entstanden, noch könne man sich auf ein Mitverschulden oder eine eventuelle Gesamtschuld mehrerer handelnder Personen berufen. Hierdurch entstehende Deckungslücken der D&O-Versicherung seien hinzunehmen.
Es bleibt abzuwarten, ob eine der unterlegenen Prozessparteien (zu denen neben der Geschäftsführerin auch der Insolvenzverwalter der GmbH gehört, der natürlich ein eigenes Interesse hat, neben der Geschäftsführerin mit der D&O-Versicherung einen weiteren zahlungskräftigen Schuldner zu haben) den Rechtsstreit vor den BGH bringen wird. Da das OLG die Revision nicht zugelassen hat, müsste dies im Wege der sog. Nichtzulassungsbeschwerde geschehen.