Ihre Geschäftsgeheimnisse sind zukünftig besser geschützt – wenn Sie etwas dafür tun
Dienstag, 02. April 2019
Von der Praxisgruppe Gewerblicher Rechtsschutz, Kunst- und Urheberrecht
Am Donnerstag, den 21.03.2019, hat der Bundestag das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) verabschiedet. Das Gesetz wird am Tag nach Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.
Nach der neuen Gesetzeslage sind Geschäftsgeheimnisse besser als bisher geschützt - allerdings nur für denjenigen, der "angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen" ergreift.
Das neue Gesetz wurde in Umsetzung der EU-Geheimnisschutz-Richtlinie (RL 2016/943) erlassen.
Rechtsbehelfe bei Verletzung von Geschäftsgeheimnissen
Anders als nach bisheriger Rechtslage sieht das Gesetz nun einen starken Zivilrechtsschutz mit zahlreichen Rechtsbehelfen vor, der das Geschäftsgeheimnis im Ergebnis einem Immaterialgüterrecht annähert.
So hat der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses gegen Verletzer nunmehr klar definierte Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung sowie Vernichtung und Herausgabe von Verkörperungen des Geschäftsgeheimnisses. Werden unter Verwendung des Geschäftsgeheimnisses Produkte hergestellt und vermarktet, bestehen gegen den Rechtsverletzer auch Ansprüche auf Rückruf der Produkte vom Markt. Der Rechtsverletzer ist zugleich einem weitreichenden Auskunftsanspruch des Inhabers des Geheimnisses ausgesetzt und kann, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig handelte, von diesem auch auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden.
"Angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen"
Auf diesen Rechtsschutz berufen kann sich aber nur, wer seine Geschäftsgeheimnisse durch "angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen" schützt und dies auch dokumentiert, das heißt im Streitfall darlegen und beweisen kann.
Was "angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen" in diesem Sinne sind, ist eine Frage des Einzelfalls; das Gesetz selbst enthält hierzu keine Vorgaben. Sicherlich sind weder stets bestmögliche Schutzvorkehrungen erforderlich noch reine „Alibi“-Maßnahmen ausreichend.
Vielmehr muss der Aufwand, insbesondere der finanzielle Aufwand, in einem adäquaten Verhältnis zur Bedeutung des Geschäftsgeheimnisses und zur Unternehmensgröße und -struktur stehen. Schlüssel-Know-how, dessen Verlust für das Unternehmen existenzgefährdend wäre, wird jedenfalls stärker und umfangreicher abgesichert werden müssen als Informationen, an denen zwar ein Geheimhaltungsinteresse besteht, die aber für das Fortkommen des Unternehmens im Wettbewerb nicht entscheidend sind.
Ebenso wichtig wie die Frage, ob "angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen" ergriffen wurden, ist ihr Nachweis. Nur dann, wenn dieser Nachweis auch sehr schnell vorgelegt werden kann, wird die gerichtliche Durchsetzung auch in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes möglich sein.
Geheimnisschutzkonzept notwendig
Das bedeutet für jedes Unternehmen, dass jetzt das schriftliche Geheimnisschutzkonzept zu aktualisieren oder - wenn ein schriftliches Konzept noch nicht existiert - ein solches zu Papier zu bringen ist und schützenswerte Geheimnisse im Unternehmen zu identifizieren sind. Zudem ist künftig zu dokumentieren, dass ein entsprechendes Konzept im Unternehmen auch tatsächlich umgesetzt wird. Derjenige, der bereits aufgrund der Vorgaben der DSGVO hausintern technisch-organisatorische Maßnahmen zur Datensicherheit gemäß Art. 32 DSGVO umsetzt, kann hier auf entsprechende Erfahrungen aufsetzen.
Neben einer Definition dessen, was der Geschäftsinhaber aus welchen Gründen als kommerziell wertvolles und damit als geheimhaltungsbedürftiges Geschäftsgeheimnis ansieht, sollte das Geheimnisschutzkonzept insbesondere folgende Themen adressieren:
• die physikalisch-technische Aufbewahrung des Geheimnisses und seine Kennzeichnung,
• der Kreis der Geheimnisträger im Unternehmen und deren vertragliche Einbindung,
• Regelwerk für die Offenbarung von Geheimnissen im eigenen und in verbundenen Unternehmen,
• Regelwerk für die Offenbarung von Geheimnissen gegenüber Kunden, im Rahmen von Bieterprozessen etc.,
• Definition von Prozessen für die Sicherung der Einhaltung der Regelungen des Geheimnisschutzkonzeptes,
• Whistleblower-Mechanismen.
Reverse Engineering liberalisiert
Das neue Geheimnisschutzgesetz regelt zudem ausdrücklich, dass das sog. Reverse Engineering, also das „Beobachten, Untersuchen, Rückbauen oder Testen eines Produkts“ keine Verletzung von Geschäftsgeheimnissen darstellt, wenn der so untersuchte Gegenstand öffentlich verfügbar gemacht wurde oder sich im rechtmäßigen Besitz des Beobachtenden, Untersuchenden, Rückbauenden oder Testenden befindet. Dies stellt eine deutliche Liberalisierung in Angleichung an den US-amerikanischen Rechtsraum dar. Die Liberalisierung greift jedoch nur dort, wo es sich um Unternehmensgeheimnisse handelt, die nicht durch gewerbliche Schutzrechte bzw. IP-Rechte geschützt sind. Insbesondere urheberrechtlicher und patentrechtlicher Schutz gehen vor und können so nicht umgangen werden.
Das Gesetz sieht zudem explizit die Möglichkeit vor, dem Erwerber eines Produktes das Reverse Engineering vertraglich zu verbieten Auch hier besteht also Handlungsbedarf: Entsprechende Verbotsklauseln sind bei Bedarf zu entwerfen bzw. zu berücksichtigen.
Gerne beraten Sie zur Erstellung und Überprüfung Ihres Geheimnisschutzkonzepts wie auch allen anderen Fragen des Geschäftsgeheimnisschutzes unsere Kollegen aus der Praxisgruppe Gewerblicher Rechtsschutz, Kunst- und Urheberrecht: Dr. Andreas Behr, Dr. Katharina Garbers-von Boehm, LL.M, Elisa Wehling und Roland Kreitz.