Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) hat seinen Bericht über die erste Überprüfung des EU-US-Angemessenheitsbeschlusses am 4. November 2024 veröffentlicht. Die Überprüfung selbst erfolgte bereits am 18. und 19. Juli 2024 in Washington. Der Bericht fällt positiv aus. Der EDSA lobt die schnelle Implementierung des EU-US-Data-Privacy-Framework (DPF) und stellt positive Entwicklungen zum Datenschutz in den USA fest, insbesondere im Hinblick auf die Stärkung des Data Protection Review Court zur Durchsetzung der Datenschutzrechte.
Wer kann in Deutschland gegen Datenschutzverstöße vorgehen? Der Europäische Gerichtshof schafft Klarheit - Teil 2: Können Wettbewerber gegen Datenschutzverstöße klagen?
Donnerstag, 25. Juli 2024
In Teil 1 berichteten wir, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) im „Meta-Fall“ klarstellte, dass Verbraucherschutzverbände gegen Datenschutzverstöße (einschließlich Verstöße gegen die Informationspflichten) klagen könnten. In diesem Fall hatte sich der EuGH nicht dazu geäußert, ob auch Wettbewerber gegen Datenschutzverstöße gerichtlich vorgehen können. Diese (Vorlage-)Frage ist aktuell noch beim EuGH anhängig. Hintergrund des Vorabentscheidungsersuchens ist eine Unterlassungsklage eines Wettbewerbers. Was war geschehen?
Dem Bundesgerichtshof (BGH) wurde als letzter (nationaler) Instanz der folgende Sachverhalt vorgelegt: Ein Apotheker vertrieb sein Sortiment, das auch apothekenpflichtige Arzneimittel einschließt, über die Internet-Verkaufsplattform Amazon Marketplace. Ein anderer Apotheker sah hierin einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), weil dieser Vertrieb mit einer Verarbeitung von Gesundheitsdaten im Sinne von Art. 9 (1) EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) einhergehe, in die die Kunden nicht ausdrücklich eingewilligt hätten. Die DSGVO-Bestimmungen seien als Marktverhaltensregeln im Sinne des UWG anzusehen.
Der BGH setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH zwei Fragen zur Entscheidung vor:
- Ist ein Wettbewerber klagebefugt oder sind die in der DSGVO enthaltenen Vorschriften zur Durchsetzung ihrer Bestimmungen (welche keine Klagebefugnis von Wettbewerbern enthalten) abschließend?
- Sind die Daten, die die Kunden bei der Online-Bestellung von apothekenpflichtigen, nicht aber verschreibungspflichtigen Arzneimitteln eingeben müssten, Gesundheitsdaten im Sinne von Art. 9 (1) DSGVO?
Der Generalanwalt beim EuGH äußerte sich hierzu am 25. April 2024 in der Rechtssache C 21/23 wie folgt:
- Die DSGVO verfolge nicht das Ziel, einen freien und unverfälschten Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts zu gewährleisten. Der Gerichtshof habe jedoch bereits in der Vergangenheit anerkannt, dass ein Verstoß gegen die Bestimmungen der DSGVO einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht darstellt und insoweit eine inzidente Prüfung einer Datenschutzbestimmung möglich sei. Eine Klage, die ein Unternehmen gegen einen Wettbewerber erhebe, führe überdies nicht zum Ausschluss der Klagemöglichkeiten der Betroffenen wegen desselben Datenschutzverstoßes, sodass die Rechtsdurchsetzungsmöglichkeiten der Betroffenen nicht beeinträchtigt würden. Vor dem Hintergrund sei eine Unterlassungsklage eines Wettbewerbers möglich.
- Grundsätzlich sei der Begriff der Gesundheitsdaten weit auszulegen. Im konkreten Fall handele es sich jedoch eher um keine Gesundheitsdaten, was vom BGH unter Berücksichtigung der nachfolgenden Überlegung zu überprüfen sei: Man müsse sich fragen, wie ausgeprägt die Verbindung sei, die anhand der anzugebenden Kundeninformationen zum Gesundheitszustand gezogen werden könne. Sei diese Verbindung schwach und die Indizien, die sich daraus ableiten ließen, zu ungenau oder hypothetisch, um die in Rede stehenden Daten als „Gesundheitsdaten“ im Sinne von Art. 4 Nr. 15 und Art. 9 DSGVO einstufen zu können, sei die Einordnung als Gesundheitsdaten abzulehnen.
Wir erwarten mit Spannung, wie der EuGH die Vorlagefrage(n) beantworten wird. Folgt der EuGH den Ausführungen des Generalanwalts und verneint das Vorliegen von Gesundheitsdaten, so kann es sein, dass der EuGH zur Frage der Klagebefugnis eines Wettbewerbers (erneut) keine Stellung beziehen wird, sondern nur auf die 2. Vorlagefrage antwortet.
Hier noch eine Übersicht des (bisherigen) Verfahrensgangs:
- LG Dessau-Roßlau, 28.03.2018 - 3 O 29/17
- OLG Naumburg, 07.11.2019 - 9 U 39/18
- BGH, 12.01.2023 - I ZR 223/19
- Generalanwalt beim EuGH, 25.04.2024 - C-21/23
- EuGH - C-21/23 (anhängig)